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Internet-Plattformen als Infrastrukturen des digitalen Zeitalters
Studie im Auftrag der AK-Wien durchgeführt von der Technischen Universität Wien
In der Studie zu „Internet-Plattformen als Infrastrukturen des digitalen Zeitalters“ wird ein Abriss der Geschichte digitaler Innovationen geboten und der Innovations- und Diffusions-prozess beschrieben. Diese Innovationen haben neue Lösungen und neue Märkte hervorgebracht, aber auch neue Herausforderungen insbesondere für das Wettbewerbsrecht geschaffen.
Während zu Beginn vor allem die Innovationen und Vorteile der Silicon Valley Unternehmen hervorgehoben wurden, werden in letzter Zeit die Rufe nach der Regulierung von Google, Amazon, Facebook & Co. immer lauter. Vor diesem Hintergrund hat die TU Wien im Auftrag der AK Wien eine Studie veröffentlicht.
Zu Beginn wird die offensichtlich dominante Stellung von Google (Suchmaschine, Mobile Betriebssysteme), Facebook (Soziale Medien) und Amazon (Einzelhandelsplattform) belegt. Außerdem werden steigende Marktkonzentration, sinkende Markteintrittsraten sowie langfristige, überdurchschnittliche Extra-Profite (übernormale Gewinne) zugunsten der Internetkonzerne aufgezeigt. Dies treffe allgemein gesprochen auch auf die IKT-Branchen seit der dot.com Krise 2000/01 zu, so die Studie. Insbesondere die neuen Geschäftsmodelle der Datennutzung und -extraktion, die die Internet-Plattformen aufgrund ihres „First-Mover“-Vorteils immer weiter verfeinern, würden massive Eintrittsbarrieren für zukünftige Herausforderer schaffen. Die zunehmende Marktmacht resultiere aus direkten und indirekten Netzwerkeffekten, Skaleneffekten und Lock-In Effekten. Auch politisch-institutionelle Rahmenbedingungen und daraus resultierende Eintrittsbarrieren seien für die Monopolisierungstendenzen entscheidend. Dazu zählen zum einen Rechte am geistigen Eigentum und zum anderen die Versuche, über unterschiedliche Kanäle (z.B. direktes Lobbying, Universitätssponsoring, Think Tanks) Einfluss auf die Debatte zur Regulierung von Plattformen zu nehmen.
Im Bereich des Wettbewerbsrechts werden in der Studie unterschiedliche Ansätze diskutiert. Neben der Beschränkung von horizontalen Fusionen in den gleichen bzw. ähnlichen Branchen werde verstärkt auch ein Verbot von vertikalen Fusionen diskutiert. Dies soll ein Überschwappen der Marktdominanz der Plattformen von einem Geschäftsfeld in das nächste verhindern. In diesem Sinne stehen auch Firewalls, wie sie jahrzehntelang im Bereich der Finanzmarktregulierung existierten, zur Diskussion. Daneben wird über eine Anpassung von Kriterien für die Fusionskontrolle, die Bewertung der marktbeherrschenden Stellung sowie für anderes missbräuchliches Verhalten diskutiert. Zusätzlich zu den etablierten Kriterien, wie Umsatzanteilen, sollte insbesondere die NutzerInnenzahl als bedeutendes Kriterium bei (scheinbar kostenlos) vermittelten Leistungen der Plattformen eingeführt werden. Weiters steht auch die Errichtung einer europäischen Schlichtungsstelle im Raum, die sowohl für KonsumentInnen und BürgerInnen als auch für Unternehmen, Angestellte und andere Betroffene eine Anlaufstelle sein könnte. Mit dem Verständnis von Internet-Plattformen als Infrastrukturen des 21. Jahrhunderts geht die Vorstellung einher, sie als öffentliche Versorgungsunternehmen zu betrachten, sich dementsprechend mit ihren inhärenten Monopoltendenzen abzufinden und die Regulierung im Sinne einer Regelsetzung für private Unternehmen durch die öffentliche Hand daran anzupassen. Hier wird also versucht, den Wettbewerb auszuschalten und Internet-Plattformen als neues Feld der Daseinsvorsorge zu begreifen. Äquivalent zu den Verbindungsanforderungen für Telekommunikationsnetzwerke (z.B. Mobilfunknetze und Anbieter) könnte für Internet-Plattformen eine Interoperabilität durch die Einführung einheitlicher Standards gefordert werden. Ebenso sind Datenportabilität und Datenaustausch Thema der Regulierungsdebatte. Beispielsweise könnten die marktführenden Unternehmen demnach verpflichtet werden, ihre Daten für Start-Ups zugänglich zu machen, um den Wettbewerb zu stimulieren. Weiters ist der Umgang mit persönlichen Daten in Analogie zum Postgesetz und Briefgeheimnis zu regulieren, der sowohl dem kommerziellen Missbrauch als auch jenem durch Geheimdienste oder autoritäre Regime vorbeugen soll. Nicht zuletzt wird auch die direkte Bereitstellung durch öffentliche Akteure oder andere kollektive Formen, wie etwa Genossenschaften, diskutiert.
Die Erfahrungen der ersten „Law & Economics“-Bewegung zeige, dass es gelingen kann, mächtige Akteure im gesamtgesellschaftlichen Interesse zu regulieren und sie demokratischen „checks & balances“ zu unterwerfen.
Quelle: https://wien.arbeiterkammer.at/service/studien/digitalerwandel/Internet-Plattformen.html